Wenn du aus dem Fenster schaust und Schneeflocken siehst, stellt sich automatisch die Frage: „Was muss ich im Kajak anziehen?“ Schön warm soll es sein, es ist schließlich Winter und du bewegst dich in einem Kajak draußen in der Natur. Andererseits möchtest du dich natürlich auch noch bewegen können – schließlich ist Paddelsport vor allem auch Sport. Gibt es noch weitere Anforderungen an die richtige Paddelkleidung? Natürlich gibt es die! Du bist ja nicht auf dem Sportplatz unterwegs, sondern auf dem Wasser, und da gibt es ein paar Besonderheiten zu berücksichtigen.
Warum überhaupt besondere Kleidung?
Ein alter englischer Leitspruch im Paddelsport lautet „Dress for water, not for air“. Also: wähle deine Kleidung so, dass sie für das Schwimmen im Wasser geeignet ist und nicht für die Bewegung an der Luft. Der Hintergrund ist, dass du im Wasser deutlich mehr Wärme an die Umgebung abgibst (und damit verlierst) als an der Luft. Das liegt an der unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit der beiden Stoffe. Vereinfacht gesprochen besagt die Wärmeleitfähigkeit, wie gut ein Stoff Wärme von deinem Körper wegtransportieren kann. Je niedriger der Wert der Wärmeleitfähigkeit ist, desto besser isoliert ein Stoff und desto weniger Wärme verlierst du im direkten Kontakt. Wasser hat eine um mehr als das 20-fache größere Wärmeleitfähigkeit als Luft. Das bedeutet, die Fähigkeit deinem Körper Wärme zu entziehen ist bei Wasser über 20-mal größer als bei Luft.
Kälteschutzkleidung
Der Mensch hat üblicherweise eine Körpertemperatur von 37 °C. Die meisten von uns sind regelmäßig bei niedrigeren Temperaturen unterwegs – und zwar sowohl der Umgebungsluft als auch des Wassers, auf dem wir uns bewegen. Das heißt: Dein Körper verliert Wärme, sowohl an die Luft als auch an das Wasser, wenn du dich darin aufhältst. Wenn du dich fragst “Was muss ich im Kajak anziehen?”, geht es also in erster Linie um Kälteschutzkleidung, um den Wärmeverlust deines Körpers gering zu halten. Dies gilt vor allem in einem Sport, wo eine Kenterung unweigerlich dazu führt, dass du unter Wasser landest. Die größere Wärmeleitfähigkeit von Wasser bedeutet dann natürlich, dass deine Kleidung unter Wasser deutlich besser isolieren muss. Ich persönlich favorisiere aktuell die Paddelsachen von Vaikobi, aber natürlich gibt es auch andere tolle Marken, die großartige Paddelbekleidung herstellen.
Neoprenanzüge
Eine sehr gute Art von Kälteschutzkleidung für das nasse Element ist Neoprenbekleidung. Neopren vermindert den Wärmeverlust dadurch, dass sich in den Poren des Materials Wasser sammelt und vom Körper ungefähr, auf dessen Temperatur erwärmt wird. Somit hat der Körper keinen direkten Kontakt zum kalten Wasser und verliert entsprechend weniger Energie. Der klassische Paddler-Neopren ist ein sogenannter „Long John“. Er sieht aus wie eine Latzhose mit Frontreißverschluss und hält den Torso und die Beine warm. Die Schultern und Arme haben bei dieser Form des Neoprenanzugs volle Bewegungsfreiheit. Kombiniert werden kann der Long John Neoprenanzug mit warmer Fleece-Kleidung, die schnell trocknet sowie einer Paddeljacke, die Wind und Spritzwasser abhält.
Ein Nachteil bei Neopren ist, dass er im Wasser zwar einen sehr guten Job macht, an der Luft aber nicht allzu gut wärmt. Auf längeren Paddeltouren im Winter kann es also im Neoprenanzug irgendwann kalt werden.
Trockenanzüge
Bestmöglichen Kälteschutz im Wasser und an der Luft bieten Trockenanzüge – entweder als einteilige Anzüge oder als Kombination von Trockenhose und Trockenjacke. Trockenanzüge isolieren nicht selber, halten aber sämtliche darunter befindliche Kleidung sowie deinen Körper trocken. Das heißt, du kannst (fast) beliebig viele Lagen schön kuschelig warmer Kleidung anziehen. Somit musst du dir keine Sorgen machen, dass diese nass wird und nicht mehr wärmt. Um das Eindringen von Wasser an Hals und Handgelenken zu verhindern, haben Trockenanzüge entweder Latex-Manschetten oder Manschetten aus gummiertem Neopren. Wenn dein Trockenanzug auch noch wasserdichte Füßlinge hat, bleiben auch deine warmen Lieblingswollsocken trocken. Damit hast du immer warme Füße im Boot. Trockenanzüge sind zwar deutlich teurer als Neoprenanzüge, wenn du häufig bei niedrigen Temperaturen unterwegs bist, solltest du aber definitiv über dieses Kleidungsstück nachdenken.
„Windchill“ und gefühlte Temperatur
Nicht nur das Wasser ist ein ernstzunehmender Auskühlungsfaktor beim Paddeln. Der Wind hat ähnlich großes Potenzial, dich viel Energie zu kosten. Durch den Luftstrom über deiner Haut beziehungsweise deiner Kleidung wird die von deinem Körper abgegebene Wärme sehr effektiv vom Körper weg transportiert. Dieser Effekt ist umso größer, je stärker der Wind weht. Dieser sogenannte „Windchill-Effekt“ kann die gefühlte Temperatur um bis zu 20 °C unter die tatsächliche Temperatur senken! Das bedeutet, vor allem wenn du auf größeren offenen Wasserflächen unterwegs bist, solltest du beim Paddeln einen wirksamen Windschutz tragen. Das kann zum Beispiel ein Trockenanzug sein. Aber auch eine Paddeljacke wirkt hervorragend gegen die Windauskühlung. Bei höheren Temperaturen kann auch eine einfache Windjacke ein guter Schutz gegen die Auskühlung durch den Wind sein.
UV-Schutzkleidung
Beim Paddeln im Sommer ist Kälteschutzkleidung auch wichtig, wenn du auf Gewässern mit niedrigen Wassertemperaturen unterwegs bist. Allerdings kommt bei steigenden Temperaturen und höherstehender Sonne noch ein weiterer wichtiger Punkt hinzu. Lange Aufenthalte in der Sonne führen zu Sonnenbrand und Dehydration. Das trifft insbesondere zu, wenn das Sonnenlicht auch noch von der Wasseroberfläche reflektiert wird. Dann sollte deine Paddelkleidung vor allem undurchlässig für UV-Strahlung sein. Eine kurze Neoprenhose und UV-Shirts mit eingewebtem Neopren oder kurzärmelige Neo-Shirts können im Sommer eine gute Lösung sein. Diese haben auch den Vorteil gegenüber manch anderer Sportbekleidung, dass sie den Schweiß nicht sofort von der Haut nach außen transportieren. Dadurch verlierst du nicht ganz so viel Wasser durch Schwitzen, ohne es zu merken. Gelegentliche Befeuchtung dieser Kleidung führt darüber hinaus zu einem angenehmen Kühleffekt. Kopf und Gesicht schützt am besten eine Schirmmütze oder ein Sonnenhut. Eine Sonnenbrille kann zusätzlich die Augen vor der UV-Belastung schützen.
Schwimmweste
Als Paddler solltest du nur dann auf die Schwimmweste verzichten, wenn du entweder im Wasser stehen oder das Ufer mit wenigen Schwimmzügen erreichen kannst. Auf die Frage “Was muss ich im Kajak anziehen?” lautet eine richtige Antwort immer: eine Schwimmweste. Die Schwimmweste, oder richtiger: Schwimmhilfe, erzeugt zusätzlichen Auftrieb und hält dich damit an der Wasseroberfläche. Du kannst dich nach einer Kenterung beim Schwimmen also auch einmal ausruhen oder auf Hilfe warten, ohne unterzugehen. Es gibt verschiedene Modelle, die für verschiedene Kajakdisziplinen oder Bootstypen geeignet sind. Wichtig ist dabei in den meisten Fällen gar nicht so sehr, um was für eine Schwimmweste es sich handelt, sondern vor allem, dass du sie trägst.
Warme Luft und kaltes Wasser
Das Leitmotiv „Dress for water, not for air” kommt leider etwas an seine Grenzen, wenn im Frühjahr die Lufttemperaturen steigen, die Wassertemperaturen aber nicht hinterherkommen. Die Lufttemperatur schreit nach paddeln im T-Shirt. Aber im Wasser kühlst du sehr schnell aus, weil dieses vielleicht noch 10 °C kälter ist als die Luft. Bei solchen Bedingungen sind Kompromisse gefragt! Im Trockenanzug würdest du möglicherweise schnell überhitzen. Das T-Shirt bietet bei Kenterung aber überhaupt keinen Kälteschutz. Ein möglicher Kompromiss kann dann ein Neoprenanzug ohne Paddeljacke sein. Auch eine Paddeljacke und kurze Neoprenkleidung, die den Torso warmhält, sind sinnvoll. Eine weitere Möglichkeit ist, sich während des Paddelns häufiger mal Wasser auf die wärmende Kleidung zu spritzen, um Verdunstung und damit Abkühlung zu erzeugen. Keine Kompromisse solltest du allerdings beim Tragen der Schwimmweste machen.
Fazit
„Was muss ich im Kajak anziehen?“ Schlussendlich kannst diese Frage schlussendlich nur du selbst beantworten. Das Wissen um die verschiedenen Aspekte von Paddelbekleidung hilft dir aber sicherlich dabei, zu beurteilen, was für deine geplante Kajak-Tour sinnvoll oder geeignet ist.
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